Im Teil II der Supply Chain Serie, geht es darum, dass für resiliente Lieferketten die Einkaufsabteilung bereits bei der Produktentwicklung mit an Board sein sollte. Die Produktentwicklungs- und die Beschaffungsstrategie sollten aufeinander abgestimmt sein.
Supply Chain Experte Beat Buser:
Sie sagten gerade, die Entwicklung von resilienten Lieferketten müsse in der DNA des Unternehmens verankert sein. Was meinen Sie damit?
Produktentwicklungsprozess und Beschaffungsprozess sollten von Anfang an einen gemeinsamen Fokus haben: Die Spezifikation von Rohmaterialien und Komponenten und die entsprechende Beschaffungsstrategie müssen aufeinander abgestimmt werden.
Konkret heisst das: Wenn die Abteilung «Forschung und Entwicklung» Spezifikationen für ein Produkt festlegt, sollte sie diese dem strategischen Einkauf mitteilen. So kann die Einkaufsabteilung den Markt bereits in dieser frühen Stufe des Produktentwicklungsprozesses nach möglichen Lieferanten absuchen und deren Risiken beurteilen. Sogenannte «single sourcing» Situationen sowie geografisch/geopolitisch kritische Situationen, können auf diese Weise frühzeitig erkannt und vermieden werden. Ist das Produkt erst einmal auf dem Markt und gegebenenfalls zertifiziert, wird das sehr viel schwieriger.
Und wie geht die Einkaufsabteilung konkret vor bei diesen Abklärungen?
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, um Lieferketten auf ihre Widerstandsfähigkeit zu prüfen:
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- Die eine ist das Durchführen von sogenannten "end-to-end" Supply Chain Audits mittels standardisiertem Fragebogen. Der Fragebogen wird zur Beantwortung an alle in Betracht kommenden Lieferanten der gesamten Lieferkette gesendet und die Antworten werden anschliessend ausgewertet.
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- Bei den wichtigsten Schlüssellieferanten und Businesspartnern empfiehlt sich ein umfängliches Audit vor Ort, um sicher zu sein, dass die eigenen, zuvor definierten Beschaffungskriterien eingehalten werden können.
Für beide Methoden müssen zuerst umfassende Kriterien festgelegt werden, die aus der Unternehmensstrategie abgeleitet werden. Dazu gehören unter anderem
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- das Definieren von minimalen Standards für Produkte, Komponenten und Service Levels,
- das Benennen von alternativen Lieferanten und Partnern,
- das Suchen nach alternativen Rohmaterialien und/oder erweiterten Spezifikationen sowie
- das Ausarbeiten von Notfallplänen.
Das hört sich nach sehr viel Arbeit an.
Das ist in der Tat viel Arbeit. Sie zahlt sich aber auf jeden Fall aus: Einerseits schliesst man auf diese Weise Lieferengpässe zum Launch eines neuen Produkts aus. Andererseits hat man schon von Anfang an Prozesse definiert, die einem auch im weiteren Lebenszyklus des Produkts zur Überprüfung der Lieferketten zur Verfügung stehen. Und: Diese Prozesse, Fragebogen etc. stehen einem ja für jedes neue und auch für jedes bestehende Produkt zur Verfügung und müssen nur leicht angepasst werden. Auf lange Sicht sparen sich Unternehmen so viele Umstände und viel Geld, weil sie vorausschauend agieren können und nicht auf Probleme reagieren müssen.
Gibt es noch mehr zu wissen?
Ich empfehle auf jeden Fall auch in diesem Zusammenhang die Anwendung eines integrierten ERP-Systems (Planungssystem) und einer transparenten S&OP (Absatz- und Produktplanung). Mit diesen Werkzeugen können Schnelligkeit, Effizienz und Transparenz gewährleistet werden, denn Verzögerungen und Engpässe zeichnen sich damit frühzeitig ab und Unternehmen können entsprechend früh reagieren. So bleibt ein Unternehmen stets handlungsfähig.
Hier geht es zum Teil I und zum Teil III der Supply Chain Serie
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